Wildflusslandschaften sind in Deutschland eine Seltenheit geworden. Eine der letzten davon findet sich an der Oberen Isar. Zu deren Schutz ist es notwendig, möglichst viele Menschen für diesen Landschaftstyp zu begeistern und eine nachhaltige Nutzung zu gewährleisten. Dies hatte sich eine Veranstaltung des Bund Naturschutz zum Ziel gesetzt, die am Wochenende 4. und 5. Juni in Wallgau und Lenggries stattfand. Im Rahmen des Naturschutzprogrammes „Alpenflusslandschaften: Vielfalt leben vom Ammersee bis Zugspitze“ sollten Botschafter gewonnen werden, die sich dazu bereit erklären, ihre Begeisterung und ihr Wissen um die Einmaligkeit dieser Landschaft an ihr Umfeld weiterzugeben. Ich war mit der Organisatorin betraut und hatte dazu Menschen aus unterschiedlichsten Berufsfeldern eingeladen: Anbieter von Raftingtouren und Vertreter von Beherbergungsbetrieben aus der Region, Auszubildende aus dem Bereich Tourismus, Landschaftsgärtner, Lehrer und Outdoor-Trainer. Der Einladung waren auch Prof. Luise Behringer von der Katholischen Hochschule Benediktbeuern und Anton Weinberger, Leiter der Tourismusinformation Garmisch-Partenkirchen gefolgt.

Der Moor- und Bergwaldexperte Dr. Helmut Hermann von Natouristik berichtet über Waldelefanten aus der Vergangenheit.
An schönen Sommertagen genießen viele Menschen die Schönheit dieser Landschaft und nutzen die Kiesflächen zum Sonnenbaden, Grillen, Wandern und Spielen mit der Familie. Andererseits brauchen viele seltene Pflanzen und Tiere wie der vom Aussterben bedrohte Flussregenpfeifer offene Kiesflächen zum Überleben. Michael Schödel vom Landesbund für Vogelschutz (LBV) versucht den Nutzungskonflikt von Erholungssuchenden und dem Flussregenpfeifer, der die Kiesinseln für die Aufzucht seiner Jungen braucht, durch Aufklärung und Markierung der Brutgebiete durch Bänder und Schilder in Griff zu bekommen. Als Geographin bin auch ich mit der Nutzung der Isar vertraut und erklärte mit Geschichten aus dem Leben der Flößer des Isarwinkels den Teilnehmern, dass diese kein Phänomen der Neuzeit ist.. Über 800 Jahre wurde die Isar für die Flößerei genutzt, und Städte wie München und Wien wurden über den Fluss mit Holz, Kalk, aber auch Gewürzen aus dem Orient, Seide aus China und Wein aus Italien versorgt. Noch weiter zurück in die Vergangenheit führte der Waldspezialist Dr. Helmut Hermann. An den Kiesbänken im Mündungsbereich der Jachen erläuterte er die Entwicklung des Waldes, und warum heute Maschinen die Aufgabe der früher hier lebenden Waldelefanten übernehmen müssen. Für viele Arten sind die offenen, kaum mit Bäumen oder Büschen bewachsenen Flächen überlebenswichtig. Wolfgang Kraus von der Unteren Naturschutzbehörde Garmisch-Partenkirchen zeigte in den Flussauen der Isar seltene Pflanzen und den Artenreichtum der Vegetation auf den Isarkiesbänken. Über 8o verschiedene Pflanzenarten können hier auf der Fläche einer Doppelgarage vorkommen.
Orchideen, Heilpflanzen und essbare Wildkräuter sind die Leidenschaft von Anna Schaffner, einer Gartenbauingenieurin, die an der oberen Isar bereits ihre Kindheit verbrachte. Waldvögelein, Frauenschuh, Geschichten vom guten und bösen Springkraut und von der Isarnixe ließen den Regen vergessen, der am Sonntag über den Teilnehmer niederging. Dass eine Raftingtour durchaus naturverträglich gestaltet werden kann, zeigten die Organisatoren zum Abschluss der Veranstaltung. Die ökologisch geschulten Flussführer des lokalen Unternehmens Montevia erklärten den Teilnehmern auf der Fahrt nicht nur die Herkunft der Flusskiesel, sondern führten in die Entstehungsgeschichte dieser Landschaft. So kann man den Menschen ein unvergessliches Naturerlebnis vermitteln und gleichzeitig eine Brücke zwischen Wirtschaft und Naturschutz schlagen. Doch auch der sportliche Aspekt kam nicht zu kurz. Durch die starken Niederschläge der vergangenen Tage war der Wasserstand der Isar deutlich angestiegen, so dass die Fahrt durch die Stromschnellen an der Isarburg zu einem wassergewaltigen Erlebnis wurde.
Nun ist es die Aufgabe der Teilnehmer, die deutlich spürbare Begeisterung und das neu gewonnene Wissen hinauszutragen, und möglichst viele Menschen für diese einzigartige Landschaft vor unserer Haustür zu begeistern. Ob und wie dies gelungen ist, darüber wollen sich die Teilnehmer bereits im Herbst austauschen. Axel Schreiner, der Leiter des Naturschutz – und Jugendzentrums des Bund Naturschutz in Wartaweil versprach, eine Folgeveranstaltung zu organisieren.
Mit verschiedenen Bildungsangeboten für Kinder sowie Erwachsene vermittelt Margret Hütt einen neuen Blick auf und ein intensiveres Gefühl für unsere Landschaft. Das Angebot beinhaltet Bergwanderungen, Umgang mit Karte und Kompass, Rafttouren, Exkursionen in die Lebensräume Fluß, Wald, Moor und Wiese, Seminare zur Planung und Durchführung von Naturpädagogischen Maßnahmen und Kooperative Seminare, die unter unter margrethuett@gmx.de gebucht werden können.